Wegekreuz aus dem 18. Jahrhundert, Müssingen 21

Wegekreuz aus dem 18. Jahrhundert

Foto vom 06.11.2005
 

Steinkreuz Beermann

Dieses Kreuz ist das älteste in Everswinkel. Obwohl die Inschrift infolge Verwitterung heute nicht mehr zu entziffern ist, lässt eine Totenkarte im Besitz des Eigentümers auf dem Foto deutlich den Schriftzug "Anno 1732" erkennen. Ein hoher Sandsteinsockel trägt einen angedeuteten Golgathahügel mit Totenkopf und Knochen, auf dem das hohe Kreuz steht. Der Korpus beeindruckt durch seine überaus edlen, klassischen Formen. Er hängt an leicht abfallenden Armen, die angewinkelten Beine sind übereinandergelegt (Drei-Nageltypus). Ein kunstvoll geschlungenes geknotetes Lendentuch, von einem doppelten Seil gehalten, bedeckt die Scham, gibt aber den Blick auf den rechten Oberschenkel frei. Der Körper strahlt Ruhe und Frieden in der Erhabenheit des Erlösungstodes aus.
Die formvollendete Ausführung des Korpus lässt es möglich erscheinen, dass das Kreuz aus der Werkstatt Gröningers stammt.
Die Kreuzigung war eine extrem grausame Art der Hinrichtung und galt bei Juden und Römern als besonders entehrend. Daher fand sie nach römischen Recht keine Anwendung gegen frei Römer, sondern nur gegen Sklaven und nichtrömische Freie zur Bestrafung von Aufstand, Verrat, Mord und Raub. Das Kreuz bestand aus einem Pfahl, dem nicht immer ein Querbalken aufgelegt oder in der Mitte eingefügt wurde. Diesen Querbalken hatte der Verurteilt zur Hinrichtungsstätte zu tragen. Daran wurden die Hände mit Stricken oder Nägeln befestigt. Der Tod war qualvoll, da er häufig erst nach Tagen durch Kreislaufkollaps eintrat. Das erhellt als authentisch die im Lukas-Evangelium überlieferte Nachricht, dass Pilatus überrascht war, als er hörte, dass Jesus schon tot sei.
Die frühe Christen hatten ihre Schwierigkeiten mit der Erklärung der Verehrung eines Gottes, der einen ehrlosen Sklaventod gestorben war, wie es eine Spottdarstellung aus dem Rom des 1./2. Jahrhunderts belegt: Ein Mann betet vor einem Gekreuzigten mit Eselskopf. Christliche Abbildungen des Kreuzes Jesu sind erst vom 3. Jahrhundert an nachzuweisen. Vorher benutzte man andere Symbole.
Nach der Restaurierung in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre traten an diesem Steinkreuz 1994 erneut starke Verwitterungsschäden auf, dass ein Verbleib in der freien Natur nicht mehr geboten erscheint. Zur Zeit befindet es sich in der Bildhauerwerkstatt Lutterbeck. Die Sicherung des wegen seines Alters und seiner künstlerischen Qualität wertvollen Kreuzes und seines Erhalts für Everswinkel sollte Anliegen aller beteiligten Personen und Institutionen in der Gemeinde sein.
Inschrift: An(no 1732)
Eigentümer: Familie Beermann
Zeit: 1732
Restauriert: 1995

Quelle: Erwin Buntenkötter und Albert Reinker, Bildstöcke und Wegekreuze in Everswinkel, November 1996

  •                
  •