Haupthaus von 1881 und Remise von 1877, Müssingen 40

Haupthaus von 1881 und Remise von 1877

Foto vom 26.01.2003
 

Haupthaus von 1881 und Remise von 1877

[Text:1994, Foto von 2003, heute umgebaut:]
Bei dem Haupthaus von 1881 handelt es sich um ein großzügig angelegtes Fachwerkhaus mit massiver Hofgiebelfassade. In das Gebäude eingefügt ist ein rundbogiges Deelentor mit Sandsteinrahmung, steinernen Radabweisern, profilierten Eckpilaster- Kapitellen und Bogensteinen mit lateinischer Inschrift; die Hausnummer befindet sich im Sturzstein; beiderseits des Deelentores befinden sich Fenster auf halber Geschosshöhe. Über dem Deelentor befindet sich ein Sandsteinplatte mit Inschrift, in der rundbogigen Nische im Giebeldreieck eine Heiligenfigur. Neben der rundbogigen Nische sind beiderseits Fenster angeordnet, die Hausecken sind in gelbem Backstein abgesetzt. Der Ortgang mit Zierband ist angeordnet über Konsolen aus Backsteinen, die Giebelspitze ist verbrettert mit vorkragendem Dach. Im Bereich der rechten Traufe befindet sich ein moderner Anbau; unter der Giebelspitze befindet sich ein eiserner Maueranker in Form von Jahreszahlen.
An der linken Traufseite des Gebäudes befinden sich je drei Stallfenster in beiden Geschossen, diese ist zum Teil modernisiert. Der Wohnteil enthält vier Fenster, Tür und ein Fenster des Kammerfachs; darüber hinaus enthält die Wohngiebelfassade drei Kellerfenster, drei Fenster des Kammerfachs und zwei große Fenster im Giebeldreieck. In der Giebelspitze befindet sich ein kleine stichbogige Öffnung und Okulus; die gelbe Backsteingliederung ist ausgestaltet wie die der Hofgiebelfassade. Das Bruchsteinfundament enthält Sandsteinschwellen; es befinden sich 7 Fenster des Wohnteils und eine Tür zum Garten auf der rechten Traufseite. Alle Fenster sind mit Oberlichter ausgestaltet und im Originalzustand. Durch den Anbau an dieser Traufseite wurde ein alter Fachwerkspeicher total um- und eingemauert.
Der Wirtschaftsteil im Inneren - vorgesehen für die Schweinehaltung - wurde vollständig umgebaut. So wurde in der Deele der Boden um etwa 1 m angehoben. In diesem Zusammenhang wurden die ehemaligen Stalltüren an den beiden Ecken des Wirtschaftsgiebels verbreitert und erhielten neue Türstürze aus Beton.

Die zum Hof hin stehende traufenständige Fachwerk-Remise mit pfannengedecktem Satteldach enthält Sandsteinschwellen und zwei Durchfahrten, von denen die linke zugesetzt ist. Im Torbalken befindet sich eine Inschrift und Datierung; beiderseits des Tores befinden sich zwei niedrigere Tore, zwei übereinanderliegende Speichertüren und Fenster. Die rechte Giebelfassade ist massiv; die linke Giebelfassade durch ein Silo verstellt. Im Giebeldreieck befindet sich ein Fenster.
Der moderne, südliche Stallanbau an das Haupthaus und das Innere des Wirtschaftsteils des Haupthauses sind ohne Denkmalwert.

Die beiden Gebäude der Hofanlage sind bedeutend für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse auf dem Lande in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Haupthaus ist als niederdeutsches Hallenhaus mit der Beherbergung von Wohn- und Wirtschaftsfunktionen unter einem Dach konzipiert. Es steht entwicklungsgeschichtlich am Ende dieser Bauweise, da ab der Jahrhundertwende allmählich neue Formen des bäuerlichen Wohnhauses mit einer stärkeren Trennung von Wirtschaften und Wohnen entwickelt wurden. Die Remise, die, außer zu Unterstellung von Gerät, auch Scheunen- und Stallfunktionen ausübte, kennzeichnet die gesteigerte Mechanisierung und Steigerung der Produktion auf den landwirtschaftlichen Betrieben in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Für die Erhaltung und Nutzung sprechen volkskundliche und bauentwicklungsgeschichtliche Gründe, da einerseits die beiden Gebäude geeignet sind, die Lebensweise auf einer Hofstelle der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts aufzuzeigen und andererseits die massive Aufmauerung der beiden als Schauseiten ausgebildeten Giebelseiten des Haupthauses das allmähliche Vordringen des Backsteinbaues in ländlichen Bauweisen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dokumentiert.

Quelle: Gemeinde Everswinkel, Denkmal-Kartei, Blatt A 81, unter Nr. 7: Charakteristische Merkmale, eingetragen am 03.03.1994

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